Projekt: Geschlecht und Gewalt


Elfriede Jelinek: "Lärm. Blindes Sehen. Blinde Sehen!". Akademietheater Wien, Inszenierung: Frank Castorf, 2021.

Marie-Luise Stockinger. Foto: Matthias Horn / Akademietheater Wien

„Der Mann ist das, was abbildet, die Frau ist das, was abgebildet ist.“

Elfriede Jelinek in: Von Natur aus sind...

Der Forschungsschwerpunkt „Geschlecht und Gewalt" widmet sich einem zentralen Aspekt im Werk Elfriede Jelineks: Der Verbindung von Geschlecht/Gender und Gewalt.
Narrative von Geschlecht und seine Gewaltförmigkeit, speziell in Zeiten von Neokonservatismus und -liberalismus sowie Rechtspopulismus, werden ebenso untersucht wie Fragen nach struktureller, psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt sowie nach Ausbeutungs-, Verdrän-
gungs- und Marginalisierungsmechanismen aufgrund der Kategorie Geschlecht.

Das Projekt „Geschlecht und Gewalt" startet mit einer prozesshaft strukturieren Arbeitsgruppenphase, in der zentrale Positionen Elfriede Jelineks herausgearbeitet
und an aktuelle Fragestellungen angebunden werden.
Die Arbeitsgruppen setzen sich aus Mitgliedern der Universität Wien, der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, International Scientific Partners des Interuniversitären Forschungsnetzwerks sowie weiteren Expert*innen und Kooperationspartner*innen zusammen.

Nachdem in der vorbereitenden Arbeitsgruppe zentrale Positionen Jelineks zum Thema präsentiert und aufbereitet werden, fragt der erste Arbeitsschwerpunkt des Forschungsprojekts nach den Narrativen von Geschlecht in neokonservativen und rechtspopulistischen Gesellschaften.
Ausgehend von Jelineks Texten wird u.a. nach der Gewaltförmigkeit des Diskurses gefragt: Wer ist Subjekt, wer Objekt des (gesellschaftlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen) Diskurses? Mündet die zeitgenössische Tendenz zur Entdifferen-
zierung zwingend in Gewalt bzw. Durchsetzung des „Männlichen“? Wie prägt die neokonservative Bewegung neue Narrationen von Weiblichkeit (Mutterschaft, Partnerschaft, Körperpolitik) und instrumentalisiert diese? Und was bedeuten diese Narrative für das Bild der Frau als Künstlerin, speziell als Musikerin, in einer immer noch vom männlichen Genie-Mythos dominierten Disziplin?

Der zweite Arbeitsschwerpunkt untersucht die unterschiedlichen Ausprägungen von struktureller, psychischer und körper-
licher/sexualisierter Gewalt und in welcher Relation sie zur Kategorie Geschlecht stehen.
Forschungsfragen sind hier, ausgehend von Elfriede Jelinek, u.a.: Wie lässt sich „Gewalt“ gegenüber Frauen, auch in unterschiedlichen politischen Systemen, definieren? Welche kulturellen und/oder gesellschaftlichen Vorstellungen legitimieren Gewaltverhältnisse gegenüber Frauen bzw. anderen vermeintlich unterlegenen Personengruppen? Bei welchen konkreten patriarchalen Bildern muss angesetzt werden, um Gewaltverhältnisse bekämpfen zu können?
Und wie könnte ein Narrativ der Geschlechter aussehen, ohne die Gewalt zu reproduzieren? 

Der dritte Arbeitsschwerpunkt des Projekts fokussiert, ausgehend von Jelinek-Werken, auf Fragen der Kapitalisierung, Ausbeutung und Marginalisierung von Frauen(-körpern). Zentrale Fragen sind hier: Wie spiegeln sich bestimmte, von Jelinek dargestellte hierarchische Geschlechtsnarrative in Ausbeutungsmechanismen? Wie hängen ökonomischer Misserfolg/Pre-
kariat und männliche Gewaltausübung (gegen Frauen) zusammen? Hier wird vor allem auch die globale Dimension der Ausbeutungs- und Verwertungsstrukturen thematisiert.

Methodisch setzt der Forschungsschwerpunkt auf prozesshafte Abläufe und wissenschaftlich-künstlerische Arbeitsgruppen sowie interdisziplinäre und internationale Symposien und Workshops mit dem Ziel, innovative Forschungspositionen und experimentelle Forschungsformate und -ansätze an den Schnittstellen von Wissenschaft und Kunst voranzutreiben.

Die Ergebnisse der Projektarbeiten werden laufend im Open Access auf der Homepage des Interuniversitären Forschungsnetzwerks Elfriede Jelinek sowie auf dessen Portal zu Wissenschaft und Kunst öffentlich gemacht. 


ARBEITSGRUPPE THEORETISCHE UND METHODISCHE GRUNDLAGEN

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe

  • Ass.-Prof. Dr. Rosemarie Brucher (Zentrum für Wissenschaft und Forschung, Prorektorin, Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, Österreich)
  • Ass.-Prof. Dr. Uta Degner (Institut für Germanistik, Paris Lodron Universität Salzburg, Österreich)
  • Ass.-Prof. PD Dr. Sabine Grenz (Institut für Bildungswissenschaft, Universität Wien, Österreich)
  • Dr. Agnieszka Jezierska-Wiśniewska (Instytut Germanistyki, Uniwersytet Warszawski, Polen)
  • Ass.-Prof. Dr. Britta Kallin (School of Modern Languages, Georgia Institute of Technology, USA)
  • Univ.-Prof. Dr. Stefan Krammer (Institut für Germanistik, Universität Wien, Österreich)
  • Mag. Mag. Dr. Gabriele Michalitsch (Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, Universität Wien, Österreich)
  • Prof. Dr. Artur Pelka (Instytut Filologii Germańskiej, Uniwersytet Łódzki, Polen)

 
VERÖFFENTLICHTE BEITRÄGE DER ARBEITSGRUPPE

Textgrundlagen und Forschungsfragen (PDF)

28.3.2022
Statement

Geschlecht und Gewalt. Einige Gedanken im Kriege
Von Artur Pełka

5.4.2022
Statement
Macht und Ermächtigung
Respons zu Artur Pelkas Geschlecht und Gewalt. Einige Gedanken im Kriege

Von Uta Degner

25.4.2022
Essay
"Länge mal Breite zahlen wir drauf..."
Von Gabriele Michalitsch

26.4.2022
Online-Diskussion

Differenzierung oder Fortsetzung unter anderen Vorzeichen?
Formen von Geschlecht und Gewalt bei Elfriede Jelinek aus aktuellen Perspektiven

mit Rosemarie Brucher, Sabine Grenz und Stefan Krammer

17.05.2022
Reaktion
Einige Bemerkungen zur Diskussion
Differenzierung oder Fortsetzung unter anderen Vorzeichen?
mit Agnieska Jezierska und Britta Kallin


DIE DREI ARBEITSSCHWERPUNKTE


1. NEOKONSERVATIVE NARRATIVE 

31.5. und 2.6.2022
Interdisziplinäres Symposium
Geschlecht.Genie.Gewalt
gemeinsam mit dem Elfreide Jelinek Forschungszentrum, in Kooperation mit der Central European University Vienna und dem Kunsthistorischen Museum Wien

2. STRUKTURELLE GEWALT  

9.12.2022
Interdisziplinäres Symposium
GESCHLECHT UND GEWALT
Lesen & Tschechern #Jelinek royal

in Kooperation mit dem Volkstheater Wien

3. AUSBEUTUNG.MARGINALISIERUNG.VERDRÄNGUNG  

12.-14. August 2022
Interdisziplinäres Symposium

Kapital.Geschlecht
gemeinsam mit dem Elfriede Jelinek-Forschungszentrum
in Kooperation mit den Salzburger Festspielen (12.8.) und dem Literaturarchiv Salzburg (13. und 14.8.)


RINGVORLESUNG

Sommersemester 2023, Dienstag 15-16.30 Uhr, Hörsaal 1 NIG
Geschlecht und Gewalt - Interdisziplinäre Perspektiven
in Kooperation mit der
Central European University Vienna 


KOOPERATIONSPARTNER*INNEN DES PROJEKTS

Neben seinem zentralen Kooperationspartner, dem Elfriede Jelinek-Forschungszentrum, wird das Projekt in Kooperation mit folgenden Institutionen durchgeführt:

  • Central European University Vienna
  • Fachbereich Germanistik, Paris Lodron Universität Salzburg
  • Literaturarchiv Salzburg
  • Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden, Deutschland
  • Hochschule für Musik, Freiburg im Breisgau, Deutschland
  • Instytut Filologii Germańskiej, Abteilung für Deutschsprachige Medien und Österreichische Kultur,
    Uniwersytet Łódzki, Polen
  • Instytut Germanistyki, Uniwersytet Warszawski, Polen
  • School of Modern Languages, Georgia Institute of Technology, USA
  • Kunsthistorisches Museum Wien
  • Volkstheater Wien
  • Salzburger Festspiele